„gedenkort-T4“ erhält den Ossip-K.-Flechtheim-Preis
Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg und die Humanismus Stiftung Berlin vergeben ihren Toleranz- und Menschenrechtspreis an ein Projekt, das sich mit Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungspolitik beschäftigt.
(16/5/2013) Der Ossip-K.-Flechtheim-Preis geht in diesem Jahr an den „gedenkort-T4“, ein Projekt des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin. Die Entscheidung sei für das interaktive Gedenk- und Erinnerungsprojekt ausgefallen, „da es Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet und so einen soliden Beitrag zur gegenwärtigen Debatte über Inklusion leistet“, begründete die Stiftungsratsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, für die prominent besetzte, unabhängige Jury des Flechtheim-Preises. Die feierliche Preisverleihung wird im Oktober stattfinden.
Robert Parzer von „gedenkort-T4“ dankte im Namen aller Engagierten in dem Projekt der Jury: „Wir betrachten den Flechtheim-Preis als weitere Motivation und Anerkennung für unsere Arbeit. Wir widmen ihn aber auch der Arbeitvieler Initiativen, die sich im politischen Raum für die Realisierung eines Ortes des Gedenkens und der Information in der Tiergartenstraße 4 eingesetzt haben.“
Der Präsident des Humanistischen Verbandes, Norbert Kunz, beglückwünschte die Jury für ihre Entscheidung: „Es ist gut, dass sich die Jury so eindeutig für das Projekt „gedenkort-T4“ ausgesprochen hat. Wir alle haben die Aufgabe, dass die NS-Euthanasie-Morde an Menschen mit Behinderungen und psychischen Beeinträchtigungen nicht in Vergessenheit geraten. Dieses Projekt schlägt als interaktiver Gedenk- und Informationsort eine Brücke zur jüngeren Generation.“ Auch der Vorstandsvorsitzende der Humanismus Stiftung Berlin, Manfred Isemeyer äußerte sich zufrieden. „Die Entscheidung der Jury ist klug und weitsichtig. Der „gedenkort-T4“ füllt die Lücke der längst überfälligen Anerkennung der Opfer der nationalsozialistischen Euthanasiemorde. Das Projekt wird auch die Umgestaltung der Tiergartenstraße 4 zu einem Gedenkort für die Euthanasieopfer begleiten. Und nicht zuletzt passt die Auszeichnung dieses Projekts wunderbar zum laufenden Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“, in dem in der Hauptstadt mit Ausstellungen an die nach 1933 zerstörte gesellschaftliche Vielfalt erinnert wird.
Die Onlineplattform gedenkort-T4.eu ist ein interaktiver Gedenk- und Informationsort, der über die nationalsozialistischen Euthanasie-Morde an 300.000 Menschen in Deutschland und Europa, die als „minderwertig“ oder „lebensunwert“ bezeichnet wurden, informiert. Mit diesem Projekt möchte der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin, der Träger des Projekts ist, die europäische Bürgerschaft im Internet erreichen – unabhängig von Ort und Zeit, von Alter, Herkunft, Bildung und geistiger Leistungsfähigkeit. Der „gedenkort-T4“ regt an, zu diskutieren, zu reflektieren, sich zu vernetzen und gemeinsam zu gedenken.
Mit dem Ossip-K.-Flechtheim-Preis zeichnen der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg und die Humanismus Stiftung Berlin Persönlichkeiten oder Projekte aus, die zur Förderung von Aufklärung, Toleranz und Selbstbestimmung sowie die Einhaltung der Menschenrechte in der Gesellschaft beitragen. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vergeben. Bisherige Preisträger waren die Stiftung ZURÜCKGEBEN (2011), Dr. med. Michael de Ridder (2009), Seyran Ates und vier Schüler/-innen der Fritz-Karsen-Schule (2006), Prof. Peter Grottian (2004) und Dr. Konrad Riggenmann (2002).
Der unabhängigen Jury für den Ossip-K.-Flechtheim-Preis 2013 gehören an: Hans-Christian Ströbele (MdB Bündnis 90/Grüne), Rolf Schwanitz (MdB SPD), Ülker Radziwill (MdA SPD), Jutta Lieske (Mitglied des Landtags Brandenburg SPD), Annetta Kahane (Stiftungsratsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung), Prof. Dr. Julius Schoeps (Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums Potsdam) und Prof. Dr. Dieter Wiedemann (Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf“ i.R.).