Michael Joseph Körner
Schreiner aus Dettelbach (Bayern) (katholisch)
geb.
in
Dettelbach (Bayern)
gest.
in
Hartheim
Schreiner aus Dettelbach (Bayern) (katholisch)
geb.
in
Dettelbach (Bayern)
gest.
in
Hartheim
Michael Joseph Körner wurde am 21. Oktober 1872 in Dettelbach im Haus Nr. 351(heutige Hutergasse) als viertes von acht Kindern des Landwirts und Nachtwächters Johann Körner und dessen Frau Magdalena geboren. Vier seiner Geschwister verstarben bereits im Säuglings- oder Kleinstkindalter; was aus den drei anderen wurde, ist nicht bekannt. Michael besuchte von 1879 bis 1886 die Volksschule und machte im Anschluss bis 1890 eine Schreinerlehre.
1889 heiratete er vermutlich Magdalena Maier.2 Ob das Paar Kinder hatte und wenn ja, wie viele, ist nicht klar. An einer Stelle (Akte der Anstalt Günzburg) ist von einem Sohn namens Johann die Rede, an anderer Stelle (Akte der Anstalt Eglfing-Haar) ist zu lesen, dass das Paar drei Kinder gehabt habe. Körners Frau verstarb noch vor dem Ersten Weltkrieg. Seine Gesellenzeit als Schreiner, die er unter anderem in Schrobenhausen, Starnberg und Apfeldorf verbrachte, wird in der Akte des Wanderhofs Herzogsägmühle (siehe weiter unten) auf 1890 bis 1914 und 1918 bis 1931 datiert. 1915 war er offenbar kurz als Soldat im Krieg, beging jedoch Fahnenflucht und kam dafür vier Jahre ins Gefängnis.
1932 begann seine Wanderschaft, auf der zu seinen bis dahin schon 32 Strafen – die meisten wegen Bettelns – noch weitere hinzukamen. Mehrmals war er in Polizeihaft, wie aus der folgenden Auflistung seiner „Vergehen“ hervorgeht. Wieso er betteln musste und keine Anstellung mehr fand, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.
1936 schließlich wurde Michael Körner auf den Wanderhof Herzogsägmühle eingewiesen. In die 1894 gegründete Wanderfürsorgeeinrichtung bei Peiting im heutigen Landkreis Weilheim-Schongau wurden zwischen 1936 und 1945 um die 6.000 wohnungslose Männer zwangseingewiesen. Sie mussten dort unter widrigen Lebensbedingungen Zwangsarbeit leisten. Knapp 400 von ihnen überlebten die „Zwangsfürsorge“ nicht: sieben begingen Selbstmord, 30 starben aus ungeklärter Ursache, 18 wurden ins Konzentrationslager Dachau gebracht, und die allermeisten starben schlicht an Vernachlässigung.3
„Körner zählt zu den gewohnheitsmäßigen Wanderern und Bettlern, die der Arbeit aus dem Wege gehen und ihren Lebensunterhalt von den Reichnissen der übrigen Volksgenossen bestreiten. Gemäß Art. 10 in Verbindung mit Art. 8 des Zigeuner- und Arbeitsscheuenges[etzes] können solche Personen von der Rechtskraft des Urteils wegen Bettels an bis zum Ablauf dreier Jahre nach Beendigung des Strafvollzuges ins Arbeitshaus eingewiesen oder es kann ihnen ein bestimmter Aufenthaltsort vorgeschrieben werden.“ 4
Am 13.07.1939 wurde Michael Körner in die Nervenheilanstalt Eglfing-Haar bei München eingeliefert. Als Grund für die Verlegung in eine Anstalt sind „Verwahrlosung“ und „Erregungszustände“ angegeben. In der Akte heißt es, er „schimpft vor sich hin in einer nur schwer verständlichen Sprache“, habe Wahnideen, etwa, dass „in seinem Kehlkopf […] die Seelen Abgestorbener [hausen]“ .5„Er benimmt sich“, wird in höchst abwertender Weise notiert, „völlig wie ein stumpfer Schizophrener“ .6
„Dann ist er vor Allem bei jeder Gelegenheit mit seinen kommunistischen Ideen da, die er meint vertreten zu müssen. Alles was nationalsozialistisch ist, ist ihm verhasst. Macht man ihm irgendwelche Vorhaltungen so wird er meist energisch und muss man sich auf die gemeinsten Ausdrücke von ihm gefasst machen. Auf jeden Fall gehört ein solcher Mensch nicht mehr unter die Allgemeinheit.“ 7
Am 19.08.1940 wird Michael Körner schließlich in die Heilanstalt Günzburg im südöstlichen Bayern verlegt. Die Diagnose hier lautet ebenfalls „Schizophrenie“, an anderer Stelle wird er als „geisteskrank“ bezeichnet. 8In Günzburg arbeitet Körner offenbar in der „Karrengruppe“. Er spreche immer von der Herzogsägmühle, heißt es in einem der wenigen Einträge in seiner Krankenakte, „doch bleibt sein Gerede unverständlich“. 9
Für den 1. Juli 1941 ist die „Verlegung in eine andere Anstalt“ vermerkt. 10 Die weitere Recherche ergab, dass in der Tötungsanstalt Hartheim für diesen Tag ein Transport von Patient*innen aus Günzburg vermerkt ist. Und tatsächlich ist Michael Körner in der dortigen Opferdatenbank verzeichnet. Somit ist davon auszugehen, dass er im Juli 1941 in Hartheim bei Linz ein Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde geworden ist – im Alter von knapp 69 Jahren.
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