Werner Burthz
aus Berlin
geb.
in
Berlin
gest.
in
Berlin
aus Berlin
geb.
in
Berlin
gest.
in
Berlin
Werner Burthz wurde am 5. Dezember 1929 in Berlin geboren.
Sein Vater war Arbeiter bei den Siemens Kabelwerken. Siebenjährig wurde er in die Wittenauer Heilstätten (heute Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik) aufgenommen. Begründet wurde dies mit seiner schweren körperlichen und geistigen Behinderung, jedoch scheint auch eine Rolle gespielt zu haben, dass die Eltern sich der Betreuung nicht gewachsen fühlten.
Die Mutter gab an, dass Werner von Anfang an zurückgeblieben sei. Nach der Geburt sei er ins Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus gekommen; sie habe die Nahrung für ihn dorthin bringen müssen. Erst mit fünf Jahren habe er laufen gelernt. Er sei nicht schulfähig, spreche fast gar nicht. Die jüngere Schwester sei durch ihn in Gefahr, weil sie ihn immer nachmache. Nachts störe er durch seine Unruhe die Familie, die nur in einer engen Laube wohne. Die Mutter bat um eine Unterbringung des Kindes.
In Wittenau wurde festgestellt, dass der unterernährte, „schwachsinnige“ Junge nur einige Schritte alleine gehen konnte. Bereits nach 14 Tagen wurde Werner in das Kinderheim Reitwein in Brandenburg verlegt. Die Kosten für den Aufenthalt mussten die Eltern zumindest teilweise selbst begleichen. Oft gerieten sie mit den Zahlungen in Rückstand, sodass das Jugendamt anfragte, ob Werner wieder bei der Familie leben könne. Die Ärzte lehnten dies jedoch regelmäßig ab. Dr. Kujath schrieb: „Tiefstehendes idiotisches Kind, kann kaum gehen; spricht nicht; bringt lediglich schnalzende Laute hervor. Beschäftigt sich stundenlang ausschließlich mit Hüten, ist von einem alten Hut ganz fasziniert; unsauber.“
In Werners Akte findet sich ein Meldebogen des „Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden“. Auf der Grundlage dieses Bogens wurde Werner als „lebensunwert“ selektiert und im März 1942 in die „Kinderfachabteilung“ der Nervenklinik „Wiesengrund“ eingewiesen. Die Station 3 der Klinik war für „Reichsausschusskinder“ reserviert, um dort die „Behandlung“/Tötung selektierter Kinder durchzuführen. Die Ärzte stuften ihn als schwerst geistig- und körperlich behindert und nicht entwicklungsfähig ein; die Stationsärztin Frau Dr. Reuter beschrieb ihn so: „[…] beim Gehen hat man den Eindruck eines aufrechten Äffchens, […] sitzt mit unbewegtem Gesichtsausdruck in seinem Bettchen, nimmt von seiner Umgebung keine Notiz […], Kontakt kann mit dem Kind nicht aufgenommen werden, es reagiert auch auf freundlichen Zuspruch auf keine Weise […], Sprachverständnis kann nicht festgestellt werden.“
Dass Werner sehr wohl in der Lage war, Kontakt aufzunehmen, geht aus den Pflegeberichten hervor: „Versteht kleine Aufforderungen wie aufzustehen, herzukommen, sich auf den Stuhl zu setzen usw. […] dankbar für kleine Freundlichkeiten, die ihm erwiesen werden.“ Auch heißt es: „Werner sitzt ganz ruhig in seinem Bettchen, Spielzeug behält er in seiner Hand, zeigt immer mit dem Finger auf irgendwas, […] als Besucher ins Zimmer kamen, hielt er seine Hand auf und zwinkerte mit den Augen und machte Bewegungen, als wenn er aus seinem Bett steigen wollte.“
Unklar ist, wie ein Akteneintrag vom 10. August 1942 einzuordnen ist: „Werner B. hat einen furchtbaren Hunger, so dass er sogar in ein Stück Seife hinein biss. Sobald er etwas Essbares sieht, zittert er am ganzen Körper und greift danach.“ Es ist bekannt, dass man Kinder in manchen Fachabteilungen einfach verhungern ließ.
Im „Wiesengrund“ wurden von den Gutachtern zur Tötung freigegebene Kinder ohne Wissen der Angehörigen auch als Probanden (Versuchsobjekte) der medizinischen Forschung zur Verfügung gestellt. Die gesundheitlichen Gefährdungen, bis hin zum tödlichen Ausgang, waren kalkuliert und eingeplant. Im „Wiesengrund“ war man darauf spezialisiert, Tuberkulose-Impfexperimente durchzuführen. Diese waren außerordentlich schmerzhaft, gefährlich und verliefen häufig tödlich. Werner wurde am 2. Juni 1942 und am 10. September 1942 mit Tuberkulosebakterien infiziert. Gespritzt wurde in den Unterbauch. Die Folge war eine äußerst schmerzhafte schwere Entzündungserscheinung im Ober- und Unterbauch. Werner verstarb knapp 13-jährig nach fünfjährigem Heimaufenthalt und achtmonatigem Aufenthalt in der Nervenklinik für Kinder, „Wiesengrund“, am 10. November 1942 an den Folgen der Experimente. Zur Vertuschung gab der leitende Arzt Dr. Hefter als Todesursache an: „akuter Magen- und Darmkatarrh bei allgemeiner Abzehrung“.
Die Biografie wurde von Carsten Baum erarbeitet.
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