Leo Solotejko

Landarbeiter aus Nebrowo Wielkie (Pomorskie) (katholisch)

geb. in ?
gest. in Starogard Gdański

Opferbiographie: Leo Solotejko, Foto aus Krankenakte

Biografie

Von Robert Parzer

Der Erste Weltkrieg hatte Leo Solotejko nach Deutschland verschlagen. Im Jahr 1915 zur Kaiserlichen Russischen Armee einberufen, geriet er im Folgejahr in deutsche Kriegsgefangenschaft und musste fortan als Landarbeiter arbeiten. Diesem Beruf blieb der gebürtige Ukrainer auch nach dem Ende des Krieges treu, zuerst in der Provinz Brandenburg, dann in Groß Nebrau im späteren Reichsgau Danzig-Westpreußen. Dort heiratete er im Jahr 1925. Seinen zwei Söhnen gelang der soziale Aufstieg. Während sich Leo Solotejko noch als Instmann, einer vor allem in Preußen gebräuchlichen Form des Kontraktarbeiters, auf landwirtschaftlichen Gütern für 20 Reichsmark im Monat verdingte und teils in Naturalien bezahlt wurde, lernte einer seiner Söhne das Zimmererhandwerk, der andere arbeitete in einem Büro. Welcher der beiden während der deutschen Besatzung Nordafrikas starb, muss unklar bleiben. Eine Tochter besuchte zum Zeitpunkt von Solotejkos Anstaltsaufnahme noch die Schule.

Bild
Opferbiographie: Leo Solotejko, Foto aus Krankenakte
Fotografie Leo Solotejkos aus der Krankenakte. Archiwum Państwowe Gdańsk Oddział w Gdyni 2830 Nr. 5123.

Leo Solotejko wurde am 20. Mai 1943 in die Anstalt Konradstein eingewiesen, weil sich die epileptischen Anfälle, an denen er seit mehreren Jahren litt, verstärkt hatten. Immer öfter war er infolge der Anfälle verwirrt sowie zeitlich und räumlich desorientiert. Ob die häufigen Besuche seiner Ehefrau Wanda und deren stetiger brieflicher Kontakt mit der Anstalt zur Linderung seiner Leiden beitrugen, ist in der Krankengeschichte nicht vermerkt. Die Besuche endeten plötzlich, als Wanda Solotejkoim Oktober 1943 verhaftet und in das Gefängnis Ziegenhain in Hessen überstellt wurde. Vielleicht trugen aber die Besuche oder ihr Ausbleiben doch zu der von den Ärzten oft vermerkten Widerständigkeit Solotejkos bei.Bereits einen Monat nach der Aufnahme drohte Leo Solotejko einem Pfleger mit dem Tod, als dieser ihn zur Arbeit in der anstaltseigenen Korbmacherei bringen wollte. In Konsequenz galt er in der Anstalt als unbeschäftigt, obwohl er nach einigen weiteren Weigerungen, eine Arbeit aufzunehmen, nach Angaben des Arztes »zufriedenstellend« zuerst bei der Kartoffelernte und dann in der Anstaltskolonne arbeitete.

Was sich jedoch nicht veränderte, war sein Freiheitsdrang. Jeder einzelne Eintrag in seiner Krankengeschichte enthält Varianten der Formel »Drängt auf Entlassung«; die Ärzte fügten dem oft das Adjektiv »uneinsichtig« bei. Der Eindruck, der durch seine Verweigerung und seine angebliche Uneinsichtigkeit entstanden war, blieb jedoch bei dem behandelnden Arzt bestehen, der einen Meldebogen für die Organisationszentrale der Patientenmorde in der Berliner Tiergartenstraße 4 ausfüllte. Dieser vermerkte auch, dass er mit Luminal behandelt werde. Dieses für die Behandlung der Epilepsie übliche Medikament führte überdosiert zum Tod durch Lungenentzündung und wurde in vielen Anstalten zur Ermordung von Patienten eingesetzt. Der am 29. April 1892 geborene Leo Solotejko aber starb an den Folgen eines Unglücksfalls: Am 13. April 1944 fiel er während eines epileptischen Anfalls von einer Treppe und blieb bis zum Tod, der am selben Tag um 21 Uhr eintrat, ohne Bewusstsein. Fünf Tage später, am 18. April 1944 wurde Leo Solotejko auf dem Friedhof derAnstalt Konradstein begraben.1


Fußnoten

  1. Archiwum Państwowe Gdańsk Oddział w Gdyni 2830 Nr. 5123.[back...]

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