Paul Terting

aus Berlin

geb. in Berlin
gest. in Bernburg

Historischer Ort: Denkmal der Grauen Busse, Porträt 5

Biografie

Paul Terting wurde am 4. Oktober 1889 als drittes Kind seiner Eltern in Berlin geboren. Der Vater war als Wächter tätig, die Mutter starb 43-jährig an Tuberkulose. Das erste Kind hatte das frühe Kindesalter nicht überlebt, von Pauls überlebendem Bruder ist nur bekannt, dass er gesund war.

Am 20. November 1922 wurde er in die „Anstalt für Epileptische“ in Wuhlgarten aufgenommen. Der Vater hatte dies veranlasst, da „sein Sohn immer häufiger auf der Straße (während eines Anfalls) umfiel und von der Polizei nach Hause gebracht wurde“. In Wuhlgarten wurden seine Anfälle beobachtet und genau dokumentiert, vermutlich traten bei ihm neben sogenannten großen Anfällen (grand mal) auch Absencen (schwer zu beobachten, da der Patient nur abwesend zu sein scheint) und tonische Anfälle (der Patient stürzt gestreckt zu Boden) auf. Im zeitlichen Umfeld der Anfälle war Paul Terting reizbar und wurde wegen Aggressivität häufig „isoliert und zu Bett gelegt“, in anfallsfreien Zeiten galt er als ruhig und freundlich, war auch „mit Essenfahren beschäftigt“. Paul Terting wurde in Wuhlgarten mit den damals bekannten Antiepileptika behandelt, mit Brompräparaten und Phenobarbital (als Handelspräparat Luminal, ein Medikament, das während des Dritten Reichs überdosiert zur Ermordung von Kranken verwandt wurde). Die weiterhin große Zahl von Anfällen (durchschnittlich 10–12 im Monat) lässt aber darauf schließen, dass die Medikamente wenig Wirkung zeigten – ganz abgesehen von einer möglicherweise als Nebenwirkung des Luminals auftretenden starken Akne vulgaris. 

Leben vor den Anstaltsaufenthalten

Seit dem zweiten Lebensjahr wurde bei Paul Terting eine rechtsseitige Lähmung beobachtet, deren Ursache wohl eine frühkindliche Schädigung des Gehirns war. Im Alter von elf Jahren hatte er das erste Mal sogenannte Schwindelanfälle, seit dem 13. Lebensjahr traten auch Krampfanfälle auf. Über die ärztliche Behandlung dieser als Symptom des frühkindlichen Hirnschadens auftretenden Epilepsie ist bis zu seinem 34. Lebensjahr nichts bekannt. Über Paul Tertings Leben bis zu seiner Aufnahme in Wuhlgarten weiß man lediglich, dass er die Schule bis zur dritten Klasse besuchte (damals war die erste Klasse die Abgangsklasse), er hatte „schwer begriffen“, war „vergesslich und außer Stande gewesen etwas zu lernen oder zu verdienen“. 

Wuhlgarten

Berlin-Buch

Am 1. Februar 1929 wurde Paul Terting in die Heil- und Pflegeanstalt Buch verlegt, da in Wuhlgarten „zu viele reizbare Epileptische zusammen leben und Prügeleien an der Tagesordnung sind“. In Buch erhielt er die Diagnose „hirnorganische Erkrankung mit symptomatischen Krampfanfällen und hochgradiger Demenz“.

Brandenburg-Görden

Paul Terting wurde am 5. Dezember 1929 in die Landesanstalt Görden in Brandenburg weiterverlegt. Auch dort hatte er häufig Anfälle und verletzte sich dabei zum Teil schwer am Kopf, eine medikamentöse Behandlung ist nicht dokumentiert. Er war zeitweise sehr aggressiv, schlug Mitpatienten und Pfleger, war ansonsten aber auch ruhig, „stumpf und dement“. Er beschäftigte sich „nach Kräften auf der Station“, half „etwas bei der Hausarbeit“. Außerdem las der katholische Paul Terting viel im Gesangbuch und wollte „dauernd schreiben“. Am 1. Oktober 1931 „erzählte er geheimnisvoll, es gehe doch so gut, dass er zur Mutter könne“. Ob es in den Jahren seit seiner Aufnahme in Wuhlgarten 1922 noch Kontakte zu seinem Vater und seinem Bruder gab, ist nicht bekannt. 1939 war Paul Terting „hinfälliger geworden“; er hatte seit seiner Verlegung nach Görden ca. 15 kg abgenommen. 1940 wurde seinen Diagnosen die „epileptische Wesensveränderung“ hinzugefügt, ein Begriff, der heute nicht mehr gebräuchlich ist, da die psychischen Veränderungen bei Anfallsleiden multifaktoriell zu erklären sind und nicht zuletzt auch als Nebenwirkungen der Antiepileptika auftreten.

Teupitz und Ermordung in Bernburg

Am 27. Mai 1940 wurde Paul Terting mit einem Sammeltransport in die Landesheilanstalt Teupitz verlegt. Dort war sein Zustand unverändert, er hatte weiter Anfälle und konnte nicht beschäftigt werden. Der letzte Eintrag in seiner Krankenakte findet sich am 27. März 1941: „Verlegt nach ...“. Am selben Tag  wurde Paul Terting in der Tötungsanstalt Bernburg/Saale vergast.

Die Biografie wurde von Kerstin Stiehler erarbeitet.

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