T4-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel(Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg/Havel)

T4-Tötungsanstalt in Brandenburg/Havel

Adresse:

Nicolaiplatz 28
14770 Brandenburg/Havel
Deutschland

Links:
Kontakt: Frau Sylvia de Pasquale
Phone: 03381-7935112
E-Mail schreiben
Öffnungszeiten:
Do - Fr 13 bis 17 Uhr
Sa - So 10 bis 17 Uhr
Während der Bürozeiten (Mo-Fr 9-17 Uhr) auch außerhalb der Öffnungszeiten.
Angebot:
Führungen Studientage Angebote in leichter Sprache
Seite: Aktion T4, Foto des Zuchthauses Brandenburg an der Havel

Über diesen Ort

Die T4-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel wurde auf dem Gelände des alten Zuchthauses errichtet, das im 18. Jahrhundert als Armenhaus gebaut wurde. Bis 1931 als Gefängnis genutzt, wurde dort 1933 kurzzeitig ein Konzentrationslager eingerichtet. Zwischen 1934 und 1939 wieder als Gefängnis in Betrieb, begannen ab Anfang Dezember 1939 Umbauarbeiten, um das Gebäude als Tötungsanstalt umzubauen.

Aktion T4

Die Tötungsanstalt wurde im westlichen Teil des Alten Zuchthauses eingerichtet. 

Am 17. August 2012 wurde im ehemaligen Werkstattgebäude des Alten Zuchthauses die Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Trägerschaft der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, als letzte Einrichtung nach den schon bestehenden Erinnerungsorten in den Tötungsanstalten Bernburg, Grafeneck, Hadamar, Hartheim und Pirna-Sonnenstein eröffnet. Im Zuchthausgebäude selber nutzt die Stiftung Räume als Museum, Archiv und zur Schulung.

Amateur-Videoaufnahmen der Einweihung der Gedenkstätte im Jahr 1997. Eine der Rednerinnen ist Elvira Manthey, die kurz vor der Gaskammer in Brandenburg wieder zurück geschickt wurde.

Wie im Foto zu erkennen, befand sich links die Anstaltsscheune mit der Gaskammer. Rechts davon, im Zellentrakt, befanden sich die Büroräumlichkeiten der Mitarbeiter der Aktion T4 in Brandenburg/Havel.

Bild
Historischer Ort: Brandenburg/Havel, Altes Foto
Aufnahme des Zuchthauses, um 1870. Links die Scheune, mittig der Zellentrakt. Quelle: Action Reinhard Camps.

Der so genannte Tötungstrakt bestand aus mehreren Räumen: Einem Aufnahmeraum zur Sammlung der transportierten Patienten, einem Umkleideraum, in dem sich die Patienten ausziehen mussten und einem Vorraum, in dem ein Arzt die Identität der zu Ermordenden feststellte. Anschließend brachten Pfleger die Patienten in die als Inhalierraum getrante Gaskammer. 

Probevergasung

Anfang des Jahres 1940 waren NS-Funktionäre und führendes Personal der Aktion T4 nach Brandenburg/Havel gekommen, um der Ermordung von Patienten in der Gaskammer und durch Giftspritzen zuzusehen. Der Ablauf der Aktion wie auch die Identität der Täter und der Ermordeten ist nach wie vor nicht gänzlich geklärt. Ein wichtiges Element ist die Anwesenheit des Polizeichemikers August Becker, der zuvor schon im Fort VII im Oktober oder November 1939 eine Vergasung von Patienten der Anstalt Owinsk oder Tiegenhof gesehen hatte. Er könnte eine Art Wissenstransfer von den regionalen Patientenmorden im Warthegau zur Aktion T4 vollzogen haben.

Morde von Februar bis Oktober 1940

In diesem Zeitraum wurden über 9000 Patienten in Brandenburg/Havel, mitten in der Stadt, ermordet. Die ersten Opfer waren psychisch kranke Straftäter aus der Heil- und Pflegeanstalt Waldheim in Sachsen. Ab dem 1. Februar 1940 wurden von dort 235 Männer nach Brandenburg/Havel gebracht und dort ermordet. Etwas später wurden auch psychisch kranke Verbrecher aus dem Rheinland (Anstalten Bedburg-Hau und Düren) mit der Bahn nach Waldheim und von dort nach Brandenburg/Havel gebracht.

Einzugsgebiet und Zwischenanstalten

Aus über 80 verschiedenen Einrichtungen wurden Patienten nach Brandenburg/Havel zur Ermordung gebracht. Zum überwiegenden Teil kamen sie aus Berlin und Sachsen. Im Rahmen einer Sonderaktion gegen jüdische Patienten wurden auch Anstalten aus dem nord- und mitteldeutschen Raum einbezogen, z.B. Wunstorf.

Ab dem Frühsommer 1940 wurden zur besseren Organisation Zwischenanstalten eingerichtet. Patienten kamen aus ihren Einrichtungen zuerst dort hin und dann gesammelt nach Brandenburg/Havel. Zwischenanstalten waren

Neuruppin, Wittstock/Dosse, Teupitz, Waldheim, Uchtspringe, Altscherbitz und Jerichow.

Krematorium

Die von der Berliner Firma Kori gelieferten zwei transportablen Öfen waren zuerst in der Anstaltsscheune im Tötungstrakt aufgebaut. Da die Tötungsanstalt mitten in der Stadt lag, ließen sich Rauch, Feuer und vermutlich auch Gestank nicht lange verheimlichen. Die Anlage wurde deshalb im Juli 1940 ungefähr sechs Kilometer entfernt in der Ortschaft Paterdamm aufgestellt und als Chemische Versuchsstation getarnt. 

Ende der Morde

Ebenfalls wegen der nicht vorhandenen Geheimhaltungsmöglichkeit suchte die Berliner T4-Zentrale ab Sommer 1940 nach Ersatz. Dieser wurde in Bernburg gefunden und die Anstalt mit einem Großteil des Peronals im Oktober 1940 dorthin verlagert. Viele der Brandenburger Mörder waren später in den Lagern der Aktion Reinhardt tätig.

Juristische Verfolgung der Täter

Gegen den Leiter der Tötungsanstalt, Irmfried Eberl, wurde nach dem Krieg in Westdeutschland ermittelt. Er nahm sich in der Strafanstalt in Ulm das Leben. Zwei andere Tötungsärzte, Aquilin Ullrich und Heinrich Bunke, wurden seit den 1960er-Jahren strafrechtlich verfolgt, konnten aber erst 1987 in Frankfurt/Main zu geringen Haftstrafen verurteilt werden. Nur sehr wenige Pfleger wurden juristisch belangt. Christel Zielke, die Tin Brandenburg Transporte begleitet und im Auskleideraum gearbeitet hatte, wurde 1948 für ihre Verbrechen in Hadamar zu knapp vier Jahren verurteilt. Einige der später in der Aktion Reinhardt tätigen Männer wurden für ihre Verbrechen in den Vernichtungslagern verurteilt, wobei ihre Tätigkeit im Rahmen der NS-"Euthanasie"-Verbrechen ebenfalls zur Sprache kam.

Im September 1947 lud die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes zu einer ersten Gedenkveranstaltung ein. Auf dem Gelände erinnerte ab 1962 nur  eine Gedenktafel an die Verbrechen, bevor 1997 durch die Stadt Brandenburg/Havel eine erste Gedenkstätte eingerichtet wurde. Im Zuge der Arbeiten wurden auch die Fundamente der Anstaltsscheune freigelegt. Sieben Tafeln informierten über die Geschichte; diese wurden im Jahr 2003 überarbeitet.

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