T4-Tötungsanstalt Grafeneck(Gedenkstätte Grafeneck)

T4-Tötungsanstalt in Grafeneck

Adresse:

Grafeneck 3
Grafeneck
Deutschland

Links:
Kontakt: Herr Thomas Stöckle
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Fax: + 49 (0)7385 / 966 208
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Öffnungszeiten:
Öffnungszeiten von Dokumentationszentrum und Ausstellung:

Ganzjährig täglich von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr
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Historische Orte: T4-Tötungsanstalt Grafeneck, Ansicht Schloss

Über diesen Ort

Das Schloss Grafeneck wurde in den Jahren 1556 bis 1559 als Jagdschloss erbaut. 200 Jahre später wurde es zu einem barocken Schloss umgebaut und ein kleines Dorf hinzugefügt, das aber bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder abgerissen wurde. Nach der Privatisierung im Jahr 1904 gelangte das Schloss schliesslich 1928 in den Besitz der Samariterstiftung. Diese Einrichtung der Inneren Mission richtete  in Grafeneck ein Behindertenheim für Männer ein. Im Oktober 1939 befanden sich dort 110 Menschen mit Behinderungen.

Grafeneck als T4-Tötungsanstalt

Am 6. Oktober 1939 besichtigten die Vertreter des Württembergischen Innenministeriums, des Reichsinnenministeriums und der T4-Behörde Dr. Eugen Stähle, Dr. Herbert Linden und Viktor Brack das Schloss in Grafeneck. Unmittelbar danach wurde das Schloss durch den Landrat in Münsingen, Richard Alber, "für Zwecke des Reiches" beschlagnahmt. An dem selben Tag, als dieses Schreiben beim zuständigen Pfarrer Nathanael Fischer in Stuttgart einging, waren die Bewohner des Schlosses bereits abtransportiert worden. 10 Pflegende und 110 Menschen mit Behinderungen mussten in kürzester Zeit in das Kloster Reute bei Bad Waldsee umziehen. Sie wurden nicht in die Aktion T4 einbezogen, aber etwa 40 Männer starben in der Anstalt Schussenried, bevor die Überlebenden Juli 1945 nach Grafeneck zurückkehrten. 

Am 17. Oktober 1939 kam eine Planungsgruppe aus Berlin nach Grafeneck, um den Umbau des Schlosses zu einer Tötungsanstalt vorzubereiten.Zu ihr gehörte wiederum Viktor Brack, der medizinische Leiter der Aktion T4, Prof. Dr. Werner Heyde und der Jurist Dr. Gerhard Bohne, der zu dieser Zeit die Verwaltung der Aktion T4 aufbaute und leitete. In der Folge kamen an die 80 bis 100 Mitarbeiter der Aktion T4 nach Grafeneck, um den Patientenmord zu organisierun und durchzuführen. Der Obermedizinalrat Dr. Otto Mauthe sagte dazu im Grafeneck-Prozess Folgendes zur Organisation aus:

"Von Berlin aus gingen verkleinerte Fotokopien (gemeint sind die Meldebogen) an die Anstalt Grafeneck. Dort wurden auf Grund dieser Unterlagen Transportlisten an der zu beseitigenden Kranken erstellt und der Medizinalabteilung des Innenministeriums in Stuttgart übersandt. Diese gab die Transportlisten an die einzelnen Heil- und Pflegeanstalten mit der Anweisung weiter, die bezeichneten Kranken bereitzuhalten; die Anweisung ergehe auf Anordnung des Reichsverteidigungskommissars." 1

Der erste Tranport von Patienten erreichte Grafeneck am 18. Januar 1940. Der ärztliche Direktor Grafenecks, Dr. Horst Schumann, leitete diese "Verlegung" (korrekter ist der Ausdruck Deportationen) persönlich und brachte 25 männliche Patienten der bayerischen Anstalt Eglfing-Haar in die Gaskammer in Grafeneck. Zwei Tage später folgte der zweite Transport aus Eglfing-Haar nach Grafeneck mit 22 weiblichen Patienten. Deportationen aus Württemberg begannen am 25. Januar. Im ersten Halbjahr 1940 wurden vor allem Patienten aus Baden in Grafeneck ermordet, was vermutlich mit der Planung von Lazaretten entlang der französischen Genze zu tun hat. Insgesamt waren alleine in Baden und Württemberg über 40 Anstaten in die NS-"euthanasie"-Verbrechen einbezogen. In der von amerikanischen Soldaten bei der Befreiung aufgefundenen Statistiken wurde die Zahl der Opfer mit 9839 angegeben, das Schwurgericht Tübingen stellte 1948 10654 Opfer fest. 

Im Dezember 1940 wurde Grafeneck geschlossen. Nachfolgeeinrichtung wurde die T4-Tötungsanstalt Hadamar bei Limburg an der Lahn, wohin auch ein Teil des Personals abgezogen wurde. Thomas Stöckle führt eine Reihe an Gründen für die Schließung an:

  • Auf lokaler und regionaler Ebene war das Morden in Grafeneck öffentlich geworden
  • Es gab Proteste von Angehörigen, Anstalten und Kirchen
  • Das Ziel, circa 10.000 Patienten zu ermorden, wurde erreicht. 2

Gedenken

50 Jahre nach den Morden wurde eine Gedenkstätte errichtet, die als eine offene Kapelle gestaltet wurde. Architekt war der Nürtinger Architekt Prof. Weinbrenner, Auftraggeber die Samariterstiftung, die auch nach 1945 wieder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in Grafeneck betrieb. Die Gestaltung der Kapelle nimmt Bezug auf die historischen Geschehnisse: "Ein Riss in der Rückwand drückt den Schmerz über das unmenschliche Geschehen aus. Davor ein Altar aus blauem Granit, an seinem Sockel angedeutet: verkrampfte, suchende, stützende Hände. Im Altar eingemeißelt ein schlichtes Kreuz. Die stählernen Träger des Daches erinnern an die Dornenkrone. Das Dach bildet ein Fünfeck. »Du sollst nicht töten.« (5. Gebot). Von der Gedenkstätte geht der Blick auf die Wiese, wo 1940 das Todesareal war und hinüber zum Kreuz auf dem Friedhof von Grafeneck." 3

Weiters erinnert seit 1998 ein von Diane Samuels gestalteter Alphabetgarten an die in Grafeneck ermordeten Menschen. 26 Buchstaben wurden als Granitquader in die Erde eingelassen und ein Gedenkbuch nennt die Namen der Opfer. 2005 konnte das Dokumentationszentrum mit einer Dauerausstellung der Öffentlichkeit übergeben werden. Am 13. Juli 2013 machte das Denkmal der Grauen Busse in Grafeneck Zwischenstation auf dem Weg vom vorherigen Austellungsort Zwiefalten nach München. Mit der Skulptureninstallation "Grafeneck 10654" erinnert Jochen Meyder an die Opfer von Grafeneck. Er plant, für jedes der Opfer eine Skulptur aus Terracotta zu schaffen, die Besucher mitnehmen können.

Die Gedenkstätte Grafeneck wird jedes Jahr von über 15.000 Menschen besucht und wirkt durch zahlreiche Veranstaltungen und Wanderausstellungen auch weit in die Region hinein. 


Fußnoten

  1. zitiert nach Thomas Stöckle, Grafeneck 1940. Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland Tübingen 2002, S. 91[back...]
  2. Thomas Stöckle, Grafeneck 1940, S. 159.[back...]
  3. http://s522790709.online.de/265.htm[back...]

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