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Schlosspark 11 |
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Kontakt: | Herr Hagen Markwardt Phone: 03501 710960 Fax: 03501 710969 E-Mail schreiben |
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Montag bis Freitag 9 bis 16 Uhr
Samstag/Sonntag/Feiertage 11 bis 17 Uhr Öffentliche Führung Sa 14.30 Uhr |
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T4-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein(Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein)
T4-Tötungsanstalt in Pirna
Über diesen Ort
Am 8. Juli 1811 wurde auf dem Sonnenstein obberhalb Pirnas die "Königlich Sächsische Heil- und Verpflegungsanstalt Sonnenstein" aufgrund eines Erlasses des sächsischen Königs Friedrich August I. gegründet. Im 19. Jahrhundert wurden hohe Heilungsquoten erreicht. Im Ersten Weltkrieg erreichte die Sterblichkeit im Jahr 1917 über 50%. In den 1920er Jahren wurde die Reformpsychiatrie der Vorkriegszeit weitergeführt.
Zwangssterilisationen
Patienten aus der Anstalt am Sonnenstein wurden im Städtischen Krankenhaus Pirna zwangssterilisiert. Nur aus drei Jahren -1936, 1938 und 1939- sind Zahlen zu den Operationen bekannt. Demnach wurden 116 Patienten zwangssterilisiert. 1934 und 1935 wurden 411 Menschen im Krankenhaus in Pirna unfruchtbar gemacht, die meisten unter ihnen waren Patienten der Anstalt. Sie waren oft von der Anstaltseitung unter Androhung von Besuchs- und Urlaubssperren gezwungen worden, "freiwillig" den Antrag auf Sterilisation zu stellen.
Aktion T4
Durch den Einfluß des Leiters der Anstalt seit 1928, Professor Paul Hermann Nitsche, wurde ab 1936 eine fleischlose so genannte Sonderkost eingeführt, die arbeitsunfähige Patienten erhielten. Am 9. Oktober ordnete das Sächsische Innenministerium die Auflösung der Landesanstalt Sonnenstein an; Teile der Anstalt wurden bis Mai 1940 als Lazarett benutzt.
Sonderkost und Auflösung der Anstalt
Nachdem im Frühjahr 1940 die Entscheidung gefallen war, den Sonnenstein als Tötungseinrichtung zu utzen, begann der Umbau von vier Häusern an der Elbseite und im Keller des Gebäudes C 16 wurden eine Gaskammer und ein Krematorium installiert.
Der erste Transport traf am 28. Juni 1940 ein. Er brachte 10 Männer aus der Landesanstalt Waldheim auf den Sonnenstein. Wie alle anderen mussten sie sich im Erdgeschoss des Hauses C 16 ausziehen, bevor sie Ärzten vorgeführt wurden. Diese Prozedur diente dazu, einigermaßen glaubwürdige Todesursachen zu ermitteln. Danach wurden die Patienten in den Keller in die Gaskammer geführt. Nach der Verriegelung der Tür drehte ein Arzt den Gashahn auf. Die Toten wurden vor der Verbrennung auf Goldzähne durchsucht. Überreste wurden mittels einer Knochenmühle zermahlen und die Asche den Hang zur Elbe hin verstreut.
Über 9000 sächsische Patienten wurden oft nicht direkt nach Pirna deportiert, sondern kamen über die Zwischenanstalten Arnsdorf, Großschweidnitz, Waldheim und Zschadraß. Jedoch wurden nicht nur Patienten aus Sachsen ermordet. Opfer kamen auch aus Thüringen, Franken, das Sudetenland, Schlesien, Ostpreußen, und Teile Westpreußens.
Seit dem Sommer 1940 wurden auch Bewohner von sächsischen Alters- und Pflegeheimen am Sonnenstein ermordet. Mehr als 25 Heime waren betroffen, darunter Augustusburg, Bad Gottleuba, Bautzen-Seidau, Coswig, Dippodiswalde, Kamenz-Jesau, Olbernhau, Pirna, Schwarzenberg, Strehla und Technitz.
Aktion 14f13
Im Frühling 1941 wurden auch KZ-Häftlinge in die NS-"Euthanasie"-Verbrechen einbezogen. Kommissionen, bestehend aus Ärzten, bereisten im Auftrag des Inspekteurs der Konzentrationslager1Konzentrationslager und selektierten dort Häftlinge, wobei keineswegs nicht nur Kranke selektiert wurden. Nach Pirna kamen Häftlinge aus den Lagern Sachsenhausen, Buchenwald und Auschwitz
Daten der Transporte und Zahl der Opfer
Sachsenhausen: 4.6., 5.6. und 7.6.1941; 269 Deportierte
Buchenwald: 13.7. und 14.7. 1941; 187 Deportierte
Auschwitz: 28.7.1941; 575 Deportierte
Andere Nutzungen der Anstalt
Die Anstalt auf dem Sonnenstein wurde -teilweise zeitgleich zur Nutzung als T4-Tötungsanstalt- auch für andere Zwecke benutzt.
1939-1940 und von 1942-1945 Reservelazarett der Wehrmacht
1940-1944 Auffanglager für Volksdeutsche
1941-145 Reichsverwaltungsschule
1945-1949 Vertriebenenlager
1946-1949 Heimkehrerlager
1949-1954 Schule der Kasernierten Volkspolizei
Juristische Aufarbeitung
In Dresden fand 1947 ein Prozeß gegen einige Täter statt, die in die NS-"Euthanasie"-Verbrechen am Sonnenstein involviert waren. Prof. Dr. Paul Nitsche, Dr. Ernst Leonhardt, der Leiter der Zwischenanstalt Arnsdorf und die Pfleger Felfe und Gäbler wurden zum Tode verurteilt. Mit Dr. Kaus Endruweit stand 1966 erstmals ein Arzt, der in Pirna Patienten ermordete, in Frankfurt/Main vor Gericht. Er wurde allerdings freigesprochen. In der Folge gelang es Endruweit aber, sich in die Verhandlungsunfähigkeit zu retten, obwohl er gleichzeitig in Celle eine Arztpraxis leitete. 1989 wurde der Fall nach Hildesheim überwiesen und am 6.11.1990 endgültig wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt.
Gedenken
Im Jahr 1973 wurde auf Initiative des Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR im Eingangsbereich des Schlosses am Sonnenstein eine kleine, nicht explizit auf die NS-"Euthanasie"-Verbrechen Bezug nehmende Gedenktafel angebracht. Ende der 1980er Jahre nahm der Pirnaer Schüler Thomas Schilter Kontakt zu Götz Aly, der in Westberlin unter anderem zur Medizin und Sozialpolitik im Nationalsozialismus forschte, auf und bekam von ihm eine Ausstellung zur Aktion T4 geschenkt. Diese wurde am 1. September 1989 in Pirna eröffnet. 1991 gründeten engagierte Bürger den Verein "Kuratorium Gedenkstätte Sonnenstein e.V., der eine Gedenkstätte forderte. Diese wurde im Jahr 2000 eröffnet - zusammen mit einer Behindertenwerkstatt.
Fußnoten
- dort entstand auch das Kürzel 14f13. 14 steht für die Behörde des Inspekteurs der Konzentrationslager, f für Todesfälle und 13 für die Todesart[back...]
Standort
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